Toilettenentkalkung ist mehr als nur Kosmetik

Josef Weibel

«Tatort» Schul- und Sportanlage Walenbach im zürcherischen Wetzikon. Zwei Servicefahrzeuge der Restclean AG stehen auf dem Schulareal. Renato Mächler und Daniel Bossi sind bereits an der Arbeit. In drei Tagen haben sie 26 Toiletten und 13 Pissoirs von Kalk- und Schmutzablagerungen befreit.

Weiss sind ihre Hosen, T-Shirts und Schuhe; weiss sind auch die Handschuhe und Reinigungstücher. Restclean steht für Sauberkeit am «stillen Ort», dort, wo Menschen möglichst diskret und in entspannter Atmosphäre ihr «Geschäft» verrichten. Die schweizweit 18 Servicetechniker unterstreichen mit ihrem Habitus das besondere Reinheitsgebot, dem sie bei ihrer täglichen Arbeit folgen.

Zurück nach Wetzikon. Renato Mächler und Daniel Bossi arbeiteten 13 bzw. 14 Jahre in der gleichen Kanalreinigungsfirma. Mächler war zudem Lehrlingsausbildner, Prüfungsexperte und produzierte als Drohnenpilot Videoclips für Social-Media-Kanäle. Im April vor einem Jahr wechselte er zu Restclean, neun Monate später kam sein Arbeitskollege Bossi dazu. «Er hat mich motiviert», schmunzelt Daniel Bossi. Und so sind sie vor allem bei Einsätzen in öffentlichen Gebäuden oder Firmen gemeinsam unterwegs. In Privathaushalten verrichten sie ihre Arbeiten gewöhnlich alleine.

39 Anlagen in drei Tagen
Im Schulhaus ist es ruhig. Nur Hauswart Daniel Knobel ist da und sorgt dafür, dass die beiden Servicetechniker ungehindert arbeiten können. Insgesamt 39 Anlagen gibt es im Schulhaus Walenbach. «Hier in Wetzikon reinigen wir in allen acht Schulhäusern die sanitären Anlagen», sagt Renato Mächler nicht ohne Stolz. Die beiden Serviceleute reisen täglich aus der Ostschweiz an, von ihrer «Homebase». Während der Ferienzeit sei die Anreise ins Zürcher Oberland etwas entspannter, sagen sie.

Das Material für den Einsatz erhalten sie per Post vom Hauptsitz von Restclean in Oberlunkhofen (AG). Ihr Arbeitstag beginnt und endet an ihrem Wohnort. Die Servicetechniker sind regional verankert und werden so zu Vertrauenspersonen für die Kunden. Bei öffentlichen Anlagen sind die Hauswarte Ansprechpartner. Eine gründliche Entkalkung der Sanitäranlagen reicht für drei bis fünf Jahre – der Turnus hängt von der individuellen Beanspruchung ab. Die Reinigung ist keine kosmetische Aufgabe und dient auch nicht primär dazu, den Wasserverbrauch zu senken. Vielmehr leistet Restclean einen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft, indem nicht nur WC-Schüssel, Urinal und deren Spülkasten dank ihrem Service nicht ersetzt werden müssen; seit rund drei Jahren werden die ausgebauten verkalkten Funktionsteile aus dem Spülkasten nicht einfachweggeschmissen, sondern in einer Aufbereitungsanlage am Hauptsitz professionell gereinigt, entkalkt, geprüft und wieder bei den Servicearbeiten verwendet. So hat es die Firma geschafft, dass praktisch das ganze Spülsystem über viele Jahrzehnte ohne teuren und ressourcenverschwenden Ersatz in Betrieb gehalten werden kann.

Ein Reinigungsgang dauert rund eine Stunde
Daniel Bossi hat seinen «Tornado», so heisst das von Restclean entwickelte Reinigungsgerät, an den Siphon eines Urinals angeschlossen. Zuvor musste er die Spülmechanik freilegen und den Siphon öffnen. Die Vorarbeiten folgen einem genauen Schema und dauern gegen eine halbe Stunde. Er füllt heisses Wasser in den Behälter, in dem Säure (von der Wirkung her vergleichbar mit dem Haushaltsprodukt Durgol) und in einem zweiten Durchgang Granulat mit Walnussschalen durch alle Spülkanäle der Anlage gespült werden. Während beim Pissoir eine Teleskop-Reinigungsdüse arbeitet, sind es beim Toilettenspülsystem sechs. Ein Elektromotor treibt am Fuss der Antriebswelle einen Edelstahlrotor an, der für die Förderleistung sorgt und eine Umwälzleistung von 5000 Litern pro Stunde erreicht. Die Säure löst den abgelagerten Kalk, der dann im zweiten Teil durch das Granulat effizient zersetzt wird. Der gesamte Vorgang dauert bei einem WC etwa eine Stunde, bei einem Pissoir etwas weniger.

«Sieht aus wie neu!»
Gleichzeitig spült Kollege Renato Mächler die Toiletten. Das Spülsystem ist ähnlich aufgebaut, alles ist nur etwas grösser. Für eine Toilettenspülung werden neun Liter Wasser benötigt, ein Pissoir kann auf maximal sieben Sekunden Spülzeit eingestellt werden, was für eine nachhaltige Spülung durchaus sinnvoll ist. Nach der gründlichen Reinigung der Anlagen wird jedes einzelne Teil überprüft und gegebenenfalls durch ein neues ersetzt. Funktionsteile, die wieder eingesetzt werden, sind vorher ebenfalls gründlich gereinigt und entkalkt worden. Restclean hat Ersatzteile für jedes Spülkastenmodell aller Hersteller auf Lager, die in den letzten 70 Jahren Spülkästen verkauft haben. Wird ein Teil nicht mehr hergestellt, entwickelt Restclean eine passende Lösung. In den letzten Jahrzehnten gab es mehr als 150 verschiedene Spülkastenmodelle von mehr als 15 Herstellern.
Sobald die Anlage einsatzbereit ist, werden die Dichtungen mit einem Kontrastmittel geprüft und die Keramikschüssel mit einer Spezialpaste an einer Poliermaschine gründlich nachgereinigt. Daniel Bossi zeigt mit dem Finger auf das Becken und schmunzelt: «Sieht doch aus wie neu!»

Das A und O
Sauberkeit, gründliches und sorgfältiges Arbeiten sei das A und O in ihrem Beruf, sagen die beiden. Sei es in einem Schulhaus oder in einem Privathaushalt, sagt Renato Mächler, der zusammen mit seinem Kollegen Daniel Bossi die Gebiete Schaffhausen, Appenzell und Winterthur betreut. Kurz vor Mittag ist die Arbeit getan. Ihren temporären Arbeitsplatz hinterlassen sie sauber, am Schluss tragen sie ihren «Arbeits- und Geräteturm» zum Auto und sind bereit für den nächsten Einsatz.
Wie nennt man die Servicetechniker von Restclean eigentlich? Saubermänner? Warum nicht. Schliesslich ist ihre Arbeitskleidung so weiss wie frisch gefallener Schnee.

«Eine Toilette wird nach wie vor unterschätzt»

Roger Mäder ist seit 2013 Mitinhaber und Geschäftsführer der 2011 gegründeten Restclean. Während Gründer Priskus A. Theiler der «Daniel Düsentrieb» des Unternehmens ist, kümmert sich Roger Mäder um die strategische und operative Führung des erfolgreichen Unternehmens. Wir sprachen mit ihm über den Alltag bei Restclean.

Roger Mäder, wie viele Sanitäranlagen spülen Sie jährlich im Schnitt durch?
Roger Mäder: In Privathaushalten sind es rund 5000, in öffentlichen Gebäuden und Firmen rund 10 000. Dafür sind 18 Servicetechniker in der ganzen Schweiz unterwegs – vom Berner Oberland bis zum Bodensee, starten und beenden ihren Arbeitstag in ihrer Heimbasis. In Basel und Bern unterhalten wir zudem zwei Filialen und im waadtländischen Villeneuve einen Partnerbetrieb. Die Servicetechniker erhalten ihre Aufträge direkt via APP auf ihr Smartphone. Die benötigten Ersatzteile erhalten sie per Post nach Hause.

Wie werden beispielsweise öffentliche Betriebe auf Ihre Dienstleistung aufmerksam?
Wir sind Mitglied in allen regionalen und den beiden nationalen Hausmeisterverbänden und informieren regelmässig auf Messen über unser Angebot. Darüber hinaus bieten wir dem Technischen Dienst einer Gemeinde oder einem Unternehmen eine kostenlose Servicevorführung an.

Geht Ihr Angebot über die klassischen Sanitäranlagen hinaus?
Wir entkalken nicht nur WC-Anlagen und Urinale, sondern auch Ausgüsse. Das gesamte Spülsystem ist so konzipiert, dass es sich selbst reinigt. Mit der Zeit verkalken die Spülkanäle und der Wasserfluss wird verlangsamt. Die Spülkraft lässt nach, Toilettenschüssel, Urinal und Ausguss werden nicht mehr sauber.

Sind die Geräte, Hilfsmittel und Reinigungslösungen Eigenentwicklungen von Restclean?
Ja, wir haben alle Hilfsmittel, Geräte und einen Großteil der Werkzeuge selbst entwickelt. Die regelmässige Wartung und fachgerechte Reparatur von Spülsystemen ist in der Branche noch nicht verbreitet. Eine Toilette wird in ihrer Komplexität immer noch unterschätzt. Gerade deshalb führen wir ein grosses Ersatzteillager, um unsere Kunden schnell und unkompliziert bedienen zu können. Unser Sortiment ist in unserem Online-Shop unter www.restclean.shop sicht- und bestellbar. Mit Hilfe eines KI-Tools (Bilderkennung) ist es zudem möglich, das passende Ersatzteil zu finden.