Anschlagen von Lasten: «Glück ist keine Option»

Seit dem 1. Januar 2022 gilt das Anschlagen von Lasten als Arbeit mit besonderen Gefahren. Um die Mitarbeitenden für diese Arbeit zu schulen, hat Bouygues Energies & Services Schweiz Ausbildungen organisiert.

*Regula Müller

Wenn ich etwas Neues lernen kann, bin ich dabei. Denn es gewährleistet unsere Sicherheit. Darum freue ich mich auf diesen Kurs.» Michael Koch, bauleitender Monteur bei Bouygues Energies & Services (nachfolgend Bouygues genannt), freut sich auf den bevorstehenden Ausbildungskurs zum Thema «Anschlagen von Lasten». An diesem Vormittag ist er einer von acht Mitarbeitenden, die im Rahmen der schweizweit organisierten Schulungen einen entsprechenden Ausbildungsnachweis erbringen.

Dieser ist seit dem 1. Januar 2022 vorgeschrieben, da das Anschlagen von Lasten seitdem als Arbeit mit besonderen Gefahren gilt. Nachdem die Schonfrist am 1. April 2023 abgelaufen ist, kontrolliert die Suva nun, ob der Nachweis tatsächlich vorhanden ist.

Schulungen in der ganzen Schweiz

Im Durchschnitt sterben jährlich fünf Personen im Zusammenhang mit ungenügend gesicherten oder falsch angeschlagenen Lasten. Dreissig Personen können aufgrund bleibender Schäden ihre ursprüngliche Arbeitsfähigkeit nicht wieder aufnehmen. Qefsi Shala, angehende Spezialistin für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz bei Bouygues, versteht, warum das Anschlagen von Lasten zur Arbeit mit besonderen Gefahren deklariert wurde. «Glück ist bei dieser Arbeit keine Option. Wenn etwas passiert, sind die Folgen immer tragisch.»

Um alle Mitarbeitenden zu schulen, die bei der Arbeit Lasten anschlagen, organisierte Bouygues zusammen mit dem externen Partner REPAPRESS AG die Ausbildungen. «Wir haben beschlossen, die Schulungen möglichst nahe bei den Mitarbeitenden durchzuführen. Daher finden die Kurse in der ganzen Schweiz statt. Der Aufwand für die Schulung sollte für die Mitarbeitenden möglichst klein sein und der Nutzen möglichst gross.» Wichtig sei dabei gewesen, dass die Kursteilnehmenden in Kleingruppen zur Schulung kommen und dass neben dem Theorieteil auch die praktische Anwendung zum Zug kommt, so Roberto Raffaeli, Bereichsleiter Ausbildung & Marktentwicklung bei REPAPRESS AG und selbst Spezialist für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.

Tödlicher Unfall

Bevor es im Ausbildungszentrum von AKS Academy & Services AG in Aadorf mit dem praktischen Teil losgeht, spricht Ausbildungsleiter und AKS-Geschäftsführer Dario Lo Russo mit den Teilnehmenden über einen tragischen Unfall, bei dem er selbst vor Ort war: Ein Glasbock wurde mit dem Kran vom Lastwagen auf die Baustelle geliefert. Zwar entfernte der Anschläger die Haken – doch als sich der Kran abdrehte, verfing sich ein Haken erneut und brachte den Glasbock zum Stürzen. Der Anschläger hatte keine Chance, zu entkommen. «Wenn du so etwas Schreckliches miterleben musst, hältst du danach die Sicherheitsvorschriften bestimmt ein», sagt Dario Lo Russo zu den Kursteilnehmenden. Ich möchte aber nicht, dass ihr Zeuge eines solchen Unfalls werden müsst.»

Anschlagmittel richtig wählen

Bei Bouygues hat das Thema «Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz» immer oberste Priorität. «Wir achten darauf, dass wir Arbeiten sicher, professionell und qualitativ hochstehend abwickeln», sagt Qefsi Shala. Einige der wichtigsten Punkte beim Anschlagen von Lasten werden daher im Theorieteil des Kurses gründlich besprochen. So ist zu beachten, dass das Anschlagmittel die einzige Variable ist, die gewählt werden kann. Die Auswahl muss sorgfältig erfolgen und das Anschlagmittel muss in gutem Zustand sein. Auf dem Etikett des Anschlagmittels stehen jeweils die Tragkraft, Herstellerangaben sowie der Zeitpunkt der nächsten fälligen Kontrolle. Der Kursleiter betont ausserdem die Notwendigkeit der Persönlichen Schutzausrüstung wie Sicherheitsschuhe, Helm und Handschuhe. Je nach Arbeitsort gehören auch Warnweste, Gehör- und Augenschutz dazu. Mehrmals weisst Lo Russo darauf hin, dass der Anschläger niemals unter der schwebenden Last stehen darf.

10 lebenswichtige Regeln für das Anschlagen von Lasten:

  • Gewicht und Schwerpunkt der Last feststellen
  • Geeignete Anschlagmittel verwenden
  • Sichere Anschlagmittel einsetzen
  • Geeignete Lastaufnahmemittel verwenden
  • Geeignete Anschlagpunkte benutzen
  • Die Last sicher anschlagen
  • Die Anschlagmittel vor Beschädigungen schützen
  • Beim Transport keine Risiken eingehen
  • Klar und deutlich kommunizieren
  • Persönliche Schutzausrüstung tragen

Anwendungsfälle üben

Nach der Pause treffen sich die Teilnehmenden mit Dario Lo Russo in der Halle des Ausbildungszentrums, wo verschiedene Lasten wie Stahlrohre, Holzplatten, Betonelemente und auch asymmetrische Lasten stehen. In kleinen Teams üben die Mitarbeitenden von Bouygues den Einsatz von Anschlagketten, Rundschlingen und Hebebändern, testen das Anschlagen im Hänge- und im Schnürgang und werden sich bewusst, dass der Neigungswinkel zwischen dem gespannten Anschlagmittel und der Vertikalen keinesfalls 60 Grad überschreiten darf. In diesem sicheren Übungsrahmen probieren die Teilnehmenden aus, wie asymmetrische Lasten mit ungleichmässiger Gewichtsverteilung richtig angehängt werden und wie Lasten mit kraftschlüssigen Aufnahmemitteln zu heben sind. Und Dario Lo Russo zeigt nochmals, dass Hebebänder niemals zusammengeknotet werden dürfen, sondern durch einen Joker-Haken oder Schäkel verbunden werden.

Neue Erkenntnisse nach dem Kurs

Bouygues hat im Rahmen dieser Ausbildungen 305 (Stand Juni 2023) Mitarbeitende geschult, denn eines ist der Firma besonders wichtig: «Wir leben den Grundsatz, nur Tätigkeiten auszuführen, für die wir befähigt sind», so Qefsi Shala. Für die Kursteilnehmenden war die Ausbildung mit neuen Erkenntnissen und Aha-Erlebnissen gespickt. Auch Michael Koch wurde schliesslich bewusst, dass er einige Dinge bislang falsch angegangen ist: «Bisher haben wir Holzplatten jeweils mittig befestigt und nicht in der Diagonalen. Jetzt weiss ich, zu welchen Unfällen dieser und andere Fehler führen können. Dank solcher Schulungen muss nicht erst etwas passieren, bevor man umdenkt und seine Arbeitsweise ändert.»

*Müller Regula ist Chefredaktorin beim Kundenmagazin der Suva

www.suva.ch

Bouygues Energies & Services

Bouygues Energies & Services ist ein international tätiges Unternehmen, das in der Schweiz mit 100 Standorten lokal verankert und global vernetzt ist. Die Firma beschäftigt schweizweit rund 5000 Mitarbeitende, unter ihnen 350 Lernende. Dank der weltweiten Erfahrung und dem regionalen Know-how ist sie die ideale Partnerin für innovative Dienstleistungen in den Bereichen Gebäudetechnik, Facility & Property Management, Energieversorgung, Verkehrstechnik, Telekommunikation, Prozessautomation, Photovoltaik und E-Mobilität.

 

 

Fotos: Bouygues Energies & Services.